09.08.2016
Gibt es Menschen, die Dinge sehen, die andere nicht sehen? Blicken sie nach vorne oder zurück und sehen Dinge, die den meisten verborgen sind? Oder sind wir nicht alle ein bisschen „medial“? – Ja, sind wir!
Der eine Mensch mehr, der andere weniger. So wie jemand z. B. ein guter Pianist ist, Noten und Klänge selbstverständlich für ihn sind, kann der andere bestimmt auch Klavier spielen, nur hat er einfach keine Affinität dazu.
Aber lässt sich Medialität auch im Alltag integrieren und umsetzen? – Ja, sie lässt sich. Manchmal besser, manchmal schlechter.
Ist die Sensitivität oder Medialität auch nach der Kindheit (Kinder sind alle medial) noch im Vordergrund und wurde nicht durch gesellschaftliche und erzieherische Konventionen verdrängt, dann bedeutet dies oft ein ziemlicher Kampf für die mediale Person. In unserer Gesellschaft ist es recht schwierig, etwas „anders“ zu sein als viele andere Menschen. Dabei ist dieses „anders“ gar nicht so anders, sondern nur eine Erweiterung der Sinne, doch die meisten Menschen haben Angst davor und lassen ihre eigenen Über-Sinne deshalb nicht zu.
Auch ich habe jahrelang versucht, mich ohne großes Aufsehen durch das Leben zu schlängeln. Ereignisse voraus zu sehen, Gedanken anderer Menschen zu hören, in deren Vergangenheit und Gegenwart zu blicken und Kontakt zu Verstorbenen zu haben, ist alles andere als ein gesellschaft-liches Gesprächsthema auf einer Party. Noch. Doch es findet ein Umbruch im Denken, Handeln und Leben statt. Auch wenn in den meisten Köpfen der Menschen noch ein gewisses Bild verankert ist: mediale Menschen laufen Räucherstäbchen schwingend, Glaskugeln umklammernd, barfüßig und in Walla-Walla-Gewändern bekleidet mit leicht verzücktem Blick durch die Einkaufspassagen.
Ich muss immer wieder herzhaft schmunzeln, wenn ich mich dann in gemütlichen Runden „oute“ und die Blicke wahrnehme. Ja, ich nenne es outen. Medialität zu verbergen und zu unterdrücken ist enorm ungesund und teuer. Teuer, weil man unendlich viele Glühbirnen auf dem Gewissen hat, Staubsauger sterben lässt, Bügeleisen entflammt oder alternativ dazu auch gerne mal einem Fön den Garaus macht.
Ach ja und dann waren da noch die vielen Seelen der Verstorbenen, die regelrecht in „Warteschlangen“ mein Haus belagerten. Erklären Sie dies mal ihren Nachbarn.
Nach ersten Erfahrungen in der Kindheit und Jugend war der Tod meiner Mutter vor einigen Jahren mein persönlicher Wieder-Weckruf. Zuerst spürte ich einfach die Anwesenheit meiner Mutter, nahm ihren eigenen Geruch wahr, ich hörte ihre Stimme und sah sie innerlich. Durch die Annahme dieser Kontaktaufnahme öffnete sich erneut mein medialer Sinn, auch für andere Verstorbene.
Jahrelang hatte ich bis dahin versucht, diesen Kanal verschlossen zu halten und auch die vielen „Beweise“, die mir die Verstorbenen lieferten und liefern, zu ignorieren. Schließlich war das ja unnormal – oder doch nicht?! Trotz der beweiskräftigen Durchsagen in Gesprächen mit den Angehörigen der Verstorbenen, sind die ab und an aufkommenden Zweifel im Bezug auf die eigenen Fähigkeiten immer wieder mein Anker in der Realität.
Bereichernd wurde im Laufe meiner Arbeit die Erfahrung, dass viele Angehörige, neben dem Kontakt mit den vermeintlich Verstorbenen, auch hellseherische Informationen über ihr jetziges Leben erhalten.
Dennoch: kritische Selbstbetrachtung ist bei der medialen Arbeit der eine Fuß, um sich im Hier und Jetzt zu erden. Der andere Fuß ist schlichtweg: ein ganz normaler Mensch zu sein. Ich nehme mir nach wie vor das Recht heraus, auch einmal einen schlechten Tag zu haben, zu fluchen, zu schimpfen, zu jammern und das Leben manchmal als ungerecht und schwierig zu empfinden.
Denn eins dürfen wir nie vergessen: auch wenn wir das Licht und die Liebe leben wollen – in erster Linie sind wir hier Menschen mit all unseren Stärken und Schwächen!
In diesem übersinnlichen Sinne -
Ihre Carmen Kaufmann
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